Die liebe Mutter ist wohl „voll der Gnaden“ gewesen, aber nicht für sich allein, sondern für die ganze Welt. Sie hat eine Stellung in der Welt eingenommen, daß durch sie das Heil der ganzen Welt gebracht worden ist. Ähnliche Pflichten, meine lieben Herren, übernehmt auch Ihr am heutigen Tage. Ihr kennt wohl das Gleichnis vom Sauerteige, von dem in der Hl. Schrift die Rede ist, welches ein Weib genommen hat, unter dem Mehle verbarg, bis alles durchsäuert war. Um den Teig gut zu machen, braucht man nur wenig Sauerteig dazu geben, wenn man so viel Sauerteig in den Teig mischen würde, wie viel Teig selbst da ist, da würde man sich wohl bedanken. Man muß also viel weniger Sauerteig geben, wenn man den Teig gut bereiten will. Ähnlich verhält es sich mit unserer Sodalität, wie auch mit anderen Sodalitäten. Die Sodalitäten sind nicht groß, und auch unsere Sodalität ist nur klein, aber sie sind fähig, Großes zu stiften durch ihr Wirken. Wenn auch der Arbeiterstand aus anderen vielen tausenden Männern besteht, so ist doch unsere kleine Sodalität imstande, den ganzen Handwerker- und Arbeiterstand zu verbessern und in denselben wieder den christlichen Geist einzupflanzen. Wenig Sauerteig braucht man, um den ganzen Teig zu durchsäuren, wenige Männer genügen, um große Massen der Verirrten auf den rechten Weg zurückzuführen. Ein marianischer Sodale soll ein Apostel sein, ein Apostel durch Wort und ein Apostel durch Tat. „Die Worte bewegen“, sagt ein Sprichwort, „die Beispiele ziehen aber an.“ Man braucht nur mit gesenkten Augen auf der Gasse gehen, so schauen gleich hunderte Augen auf einen und betrachten ihn. O meine Herrn! Wenn Ihr das auch nicht bemerket, so ist es doch wahr, daß Ihr von vielen beobachtet werdet und daß jeder Mensch aus dem Betragen eines wahrhaft christlichen Mannes gleich das Urteil fällt und es gleich weiß: Dieser ist ein christlicher Mann. Ein guter Sodale wirkt durch sein Beispiel ungemein viel, ohne daß er es auch weiß. Ein Sodale Mariens kann in jedem Stande, in dem er lebt, sehr viel wirken!
sel. P. Anton Maria Schwartz, Ansprache als Präses in der Marianischen Sodalität für Handwerker und Arbeiter bei der Aufnahme neuer Mitglieder am Feste Maria Verkündigung, 25.3.1896